Freitag, 5. Oktober 2007

Friseusen und Busse

Enrico, der Italiener von nebenan, hat sich vergangene Woche die Haare schneiden lassen. Weil er meint, sein Clownsfrisur sei ein „Style“, ist er auch nicht zum Haircutter gegangen, sondern zum Hairstylisten. Der verlangte $30 plus Trinkgeld und hat ihm die Haare trotzdem ruiniert. (Obwohl ich finde, sie sehen genauso aus wie vorher.) Meine Friseuse will nur $12 Dollar, schneiden kann sie trotzdem nicht. Sie verpasst mir eine Art Topfschnitt. Dann muss ich eben eine Mütze tragen...

Ich bin ein Opfer des Bussystems geworden. Ich bin zu einem Sportgeschäft im Norden gefahren. Linie 7 bis zum „Fashion Square“-Einkaufszentrum, von da aus weiter mit der Linie 5 Richtung Wal-Mart. Als ich dann als stolzer Besitzer eines Footballs zurück will, ist schon nach 6 und Linie 5 fährt nicht mehr. Es dauert rund 2 Stunden bis ich wieder zurück bin. Aber mit meiner neuen ergonomischen Frisur war das nur halb so schwer.

Donnerstag, 4. Oktober 2007

Meine Mitbewohner

Da stehe ich morgens auf und denk mir nichts böses. Etwas verschlafen sitze ich auf dem Bett, da fällt mir auf, wie sich wie von selbst ein Brotkrümel langsam über den Teppich bewegt. Eine Ameise kann ein Mehrfaches ihres eigenen Körpergewichts tragen. Als ich die Pfanne anhebe, die ich gestern Abend nach dem Essen auf den schmutzigen Teller gestellt habe, sehe ich, wie Dutzende Kameraden der kleinen Ameise versuchen, das zu beweisen.
Jetzt habe ich Ameisenfallen ausgelegt.

Mittwoch, 3. Oktober 2007

Das Deutsche Haus

Ich werde relativ häufig gefragt, wie es in Deutschland so ist. Auch meine Mitbewohner wollten wissen, was eigentlich eine deutsche Bratwurst ausmacht oder ob wir wirklich so schnell fahren dürfen. Ich gebe dann immer Antwort, so gut ich kann – Botschafterrolle – das Thema hatte ich schon mal.
Also habe ich meinen Landsleuten hier vorgeschlagen, ob wir nicht einen „Deutschen Abend“ organisieren sollten. Mäßige Resonanz und letztlich der Vorschlag, dass wir einfach beim Oktoberfest ist 2 Wochen mithelfen könnten. Das wird vom Deutschen Haus und der German Society ausgerichtet. Heute soll es ein Vorbereitungstreffen geben.

Diedrich, neben Anna und mir der dritte Dortmunder hier, leitet für ein Jahr das Deutsche Haus und hat fürs Oktoberfest die Oberaufsicht. Ich platze mitten in seinen Konversationskurs. Rund ein Dutzend AmerikanerInnen sitzen am Tisch und erklären sich gegenseitig das Oktoberfest. Und weil ich dann neu in der Runde bin, sollen sie es nun mir erklären. Als schließlich Schweigen einsetzt, zeige ich mich interessiert. „Und... wart Ihr schon mal in Deutschland?“ Die eine war in Bremen, viele irgendwo in Süddeutschland, die eine lacht doof und meint, sie war schon öfters in Freiburg. Sie ist halt Deutsche. Es steht ihr nicht auf der Stirn.
Das Vorbereitungstreffen ist dann auch relativ schnell vorbei. Irgendwie brauchen die meine Hilfe nicht. Die wollen irgendeinen Kartoffelsalat machen (nach schwäbischem Rezept) und dazu Würstchen grillen. Das „Orga-Team“ hat alles fest im Griff, sie melden sich, wenn sie eine Aufgabe für mich haben.

Und weil heute auch der 14tägige Filmabend im Deutschen Haus ist, bleibe ich noch länger. „Lola rennt“ steht auf dem Programm. Der geht noch. In der Mehrheit zeigen sie hier aber „Programmkino-Filme“. Ich vermisse so ein bisschen die großen Klassiker deutschen Unterhaltungskinos: „Der Schuh des Manitu“ oder „Otto, der Au0erfriesische“. Das wären doch mal zwei Knüller, die auch unser Bild von Amerika schön karikieren.

Dienstag, 2. Oktober 2007

Echte Nazis

In meinem Kurs „Geschichte des Dokumentarfilms“ sehen wir heute Leni Riefenstahls Nazi-Propagandafilm „Triumph des Willens“. Für mich meine erste Begegnung mit unbearbeiteter Nazipropaganda. Viele der Bilder sind mir zwar bekannt, weil sie in unzähligen Dokus über Nazis verarbeitet worden sind. Aber die Primärquelle habe ich nie gesehen. In dem Film dokumentiert Leni Riefenstahl den Parteitag der NSDAP im Jahre 1934. Es gibt Aufmärsche und Blasmusik, Hitlerjungen und SA-Paraden, Fahneneide und Fackelmärsche. Und natürlich lange Ausschnitte aus Reden der diversen Nazi-Schergen, inklusive Hitler. Wobei mir auffällt, dass ich ihn bislang auch noch nie ungeschnitten gesehen habe.
Es ist kein Geheimnis, dass in den USA die Gesetze für Naziinsignien und Schriften nicht so strikt sind wie in Deutschland. Etwas verwundert war ich schon, dass auf der DVD-Hülle des Films ein Wehrmachtssoldat und ein großes, unübersehbares Hakenkreuz prangt. Vor einigen Monaten hat in Deutschland einer vor Gericht gestanden, weil er Anstecker mit durchgestrichenen Hakenkreuzen getragen hatte.

In der Diskussion im Kurs geht es – neben filmischen Elementen und der Frage Dokumentarfilm oder nicht – auch darum: Wie muss man die Arbeit von Leni Riefenstahl bewerten? Unter den Studenten ist ziemlicher Konsens, dass man Riefenstahl ja nun nicht unbedingt für ihre Arbeit verdammen sollte. Sie habe nun einmal in der Zeit gelebt und habe schlicht die Chance ergriffen einen Film zu machen, der (ungeachtet der Botschaft) bezüglich Schnitt, Kameraführung und Komposition neue Maßstäbe gesetzt hat. Prof. Drucker scheint etwas irritiert – um nicht zu sagen: Sie ist bestürzt. Vielleicht, so meinte sie, sei es diese Generation, die einfach etwas relaxter Sachen bewertet.

Montag, 1. Oktober 2007

Stehpinkler

Wir sind 6 Männer in unserem Apartment. Fünf von denen haben noch nie in einer eigenen Wohnung gelebt. Bisher hat also immer Muttern feucht nachgewischt, wenn mal was daneben ging. Ich weiß, unsere WG wird niemals so wohnlich aussehen, wie einige der Mädchen-WGs in der Nachbarschaft. Vielleicht werden wir auch nie diesen Urin-Geruch aus der Bude kriegen, der hier seit dem ersten Tag im Wohnzimmer hängt. Aber ich habe den Jungs einen Putzplan aufgedrückt.

3 mal im Semester muss nun jeder einmal die Putzlappen schwingen. Wir haben keinen Staubsauger oder Wischer, deshalb reden wir gar nicht erst darüber, die dicken Staubteppiche auf dem Boden nahe den Wänden wegzumachen. Alles, was zu tun ist,, den Müll rauszubringen, das Klo sauber zu machen, die Waschbecken zu putzen und den Abfluss in der Dusche zu reinigen. Dafür braucht man keine 15 Minuten.

Scott braucht dafür deutlich länger, dafür wischt er auch den Spiegel mit Kleenex ab. Mike verlässt sich lieber auf Desinfektionsspray und feuchte Tücher. Tyler drückt sich ein wenig (obwohl er derjenige ist, den wir alle im Verdacht haben, auf die Brille zu pinkeln und dann nicht nachzuwischen), bringt dafür aber den Müll raus. Damien putzte das Bad neulich für volle zwei Stunden, weil er auf den Knien die Kalkränder in der Dusche entfernt hat. Und Trevor machte diesen schrecklichen Fehler...

Ich habe zwei Putzschwämme gekauft und sie ins Badezimmer zur allgemeinen Benutzung gelegt. Einer ist fürs Klo, der andere für die Waschbecken. Damit man sie auseinander halten kann (denn sie sind beide rosa), habe ich sie beschriftet. Und weil ich das in der ersten Woche gemacht habe und kein Wörterbuch zur Hand hatte, steht auf den Schwämmen „Klo“ und „Bad“. Für mich einleuchtend. Trevor hat sie verwechselt. Ich sage es keinem und leihe mir Mikes Desinfektionsspray aus.

Sonntag, 30. September 2007

Picknick II

Und wieder gibt es ein Picknick, diesmal von Cliff Maxwell und Mary Bateman aus dem International Student Center.
Das Haus der Batemans liegt etwas außerhalb der Stadt mitten im Wald. Hinter dem Haus erstreckt sich eine Wiese, rund 500 Meter runter bis zu den Bäumen und einem kleines See. Von den über 100 Eingeladenen sind nur etwa 20 gekommen. Diesmal weniger asiatische Studenten, dafür mehr Franzosen. Der Effekt ist der gleiche: Große Gruppen aus dem selben Land sitzen immer zusammen und unterhalten sich unter sich in ihrer Sprache.
Ich komme mir weniger wie ein Gast vor als wie ein Kunde. Unterhaltungen mit den Gastgebern gibt es irgendwie nicht, sie setzen sich nicht dazu. Besonders Cliff Maxwell steht wie jedes Mal, wenn ich ihn sehe, etwas steif in der Gegend rum und lächelt. In seinem Facebook-Profil sagt er, er sei Buddhist. Vielleicht trainiert er deshalb dieses Grinsen...
Wir werden wie Kinder zum Spielen geschickt. Auf dem See steht ein Paddelboot, es liegen Angeln bereit, zudem Footballs, Fußbälle und Frisbees. Die wirft einer erst mal in den Baum. Und Scott, den ich in Ermangelung meines Buddys Laura wieder mitgenommen habe, zerlegt eine Angel.
Pappsatt geht es nach Hause. Die Sonne scheint noch, also setze ich mich raus und lese. Doch irgendwie ist mir langweilig, deshalb gehe ich nach kurzer Zeit wieder rein. In unserer Wohnung riecht es verbrannt. Es kommt aus meinem Zimmer. Ein Plakat war von der Wand gefallen und hatte sich auf meine Stehlampe gelegt, die ich angelassen hatte. Das Poster ist nun auf der einen Seite schon ganz verkokelt. Wäre ich länger weggewesen, hätte alles brennen können. Aber: Was der Fire-Marshall nicht weiß, macht ihn nicht heiß...

Samstag, 29. September 2007

Gewonnen!?

Zum ersten Mal findet ein Footballspiel am Abend statt, es wird also nicht so heiß werden. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte Nachricht ist, dass Pittsburgh ein starker Gegner ist. Heute wird die ungewöhnlich lange Siegesserie von 3 Spielen zu Ende sein, das steht fest.
Umso größer ist die Überraschung, als die Cavaliers gleich im ersten Viertel mit 27-0 in Führung gehen. Und geradezu sprachlos sind die Zuschauer, als das Endergebnis schließlich 44-14 heißt. 4 Siege stehen inzwischen zu Buche, bei gerade einmal einer Niederlage. So unglaublich es klingt, aber in dieser Saison könnten die Cavaliers wirklich mal erfolgreich sein.